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Unternehmer-Herausforderung „Gen Z“

Kein böser Wille, sondern Prägung – die Eigenheiten der Generation mit Geburtsjahr ab 1994

 

Immer mehr Unternehmer berichten, dass es in der Zusammenarbeit mit Gen Z-Mitarbeitern hake und knirsche: Sowohl die Arbeitgeber als auch die jungen Leute seien unzufrieden. Mentalcoach Gabriela Friedrich erklärt die Ursachen und eröffnet Veränderungsperspektiven.

 

„Er ist unzuverlässig und kniet sich nicht richtig rein, aber wenn ich ihn kritisiere, kündigt er vielleicht. Das kann ich wegen des Fachkräftemangels nicht riskieren“ – so klagt ein Verbandsmitglied über einen Mitarbeiter der Gen Z. Und wie sich in der Diskussion zeigt, steht er für viele Unternehmer, die tagtäglich so denken und fühlen. Während sie selbst engagiert für den Fortbestand ihrer Firma in schwierigen Zeiten kämpfen, scheinen viele der jungen Frauen und Männer, die für sie arbeiten, ganz andere Prioritäten zu haben. Warum ist dies so? Und wie lässt es sich ändern?

Machen wir uns nichts vor: Generationenkonflikte gab es immer! „Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte“, stand schon vor rund 5.000 Jahren auf einer Tontafel der Sumerer. Und viele Unternehmer werden Aristoteles (384-322 v. Chr.) zustimmen, von dem diese Aussage überliefert ist: „Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.“ Wenn Sie die Gen Z, ihre Arbeitseinstellung und ihre Werte als Bedrohung für das Unternehmertum und den Wirtschaftsstandort Deutschland empfinden, sind Sie also in bester Gesellschaft. Doch dass die Welt in den vergangenen 5.000 Jahren trotzdem erfolgreiche Volkswirtschaften hervorbringen konnte, lässt hoffen. Einer der Gründe hierfür lautet Neuroplastizität!

Neuroplastizität ist die Fähigkeit des Gehirns, sich ein ganzes Leben lang zu verändern, indem es – je nach prägendem Einfluss – neuronale Verbindungen auf- oder abbaut. Mit anderen Worten: Nicht nur Ihr eigenes Gehirn, sondern auch die Gehirne all Ihrer Mitarbeiter sind in der Lage, sich ausreichend zu verändern, um sich an neue Situationen oder Herausforderungen anzupassen. Je nach Ausgangslage gelingt dies leichter oder schwerer, doch hoffnungslose Fälle gibt es nicht. Erst mit dem Tod endet die Lern- und Veränderungsfähigkeit dieses Powertools zwischen unseren Ohren.

Was hat das Gen Z-Hirn geprägt?

Die meisten Studien, die sich mit Generationenunterschieden beschäftigen, beschränken sich dabei auf gesellschaftliche bzw. gesellschaftspolitische Einflussfaktoren. In all meinen Coachings stelle ich allerdings fest, welch große Rolle die Prägungen im Elternhaus für Weltbild und Arbeitseinstellung spielen. Ein Kind aus einem Unternehmerhaushalt wächst zwangsläufig mit völlig anderen Werten auf als beispielsweise eines aus einem Beamtenhaushalt oder aus einem Umfeld, in dem der Bürgergeld-Bezug und das Ausnutzen sämtlicher Möglichkeiten staatlicher Alimentation als erstrebenswert vorgelebt werden. Daher empfehle ich, bereits im Einstellungsgespräch nach dem familiären Hintergrund zu fragen. Auch die Bedeutung der Kinder für die Eltern, der Erziehungsstil und die Freizeitaktivitäten haben das kindliche Gehirn nachhaltig gestaltet. Ich erlebe junge Erwachsene, die für ihre Eltern eigentlich nur Statussymbol waren und statt echter emotionaler Zuwendung Geld und Geschenke erhielten – solche, die als Mamis und Papis kostbarer Augenstern derart überbehütet wurden, dass sie sich niemals ausprobieren und Eigenverantwortung mit den dazugehörigen Konsequenzen ihrer Entscheidungen erleben konnten. Junge Menschen, deren Eltern bemüht waren, die besten Freunde ihres Kindes zu sein und vom Kind immer liebgehabt zu werden, statt die Rolle des Erziehungsberechtigten auszufüllen, vernünftige Grenzen zu setzen und das Missfallen des Kindes auszuhalten. Die Folgen dieses elterlichen Versagens müssen nicht nur Sie als Unternehmer heute ausbaden, sondern auch die jungen Erwachsenen selbst. Schließlich wurden sie fehlgeprägt und ohne lebenswichtige Fähigkeiten ins Leben entlassen und werden diese Defizite früher oder später mit Coachings und Trainings ausgleichen müssen.  

Allerdings kenne ich auch eine ganze Reihe beeindruckender junger Menschen, um die sich Arbeitgeber wegen ihrer Leistungsbereitschaft und ihres Verantwortungsbewusstseins reißen. Sie alle erhielten zu Hause viel Liebe, Freiräume zur persönlichen Entwicklung und die klare Lernbotschaft: „Wenn ich dir für dein Fehlverhalten Konsequenzen androhe, setze ich sie auch um. Und wenn du Bockmist baust, wirst du die Suppe auslöffeln müssen, die du dir eingebrockt hast.“ Das Resultat sind verantwortungsbewusste, offene Persönlichkeiten mit vielseitig ausgebildeten Hirnen, die es ihnen leicht machen, beruflich wie privat erfolgreich und zufrieden zu werden.

 

Arbeitskräftemangel im Handwerk liegt nicht nur an der Akademisierung!

Natürlich macht es auch einen riesengroßen Unterschied, wie die Freizeitgestaltung der Kinder im Elternhaus aussah: Wer früh daran gewöhnt wurde, Bücher zu lesen, hat dadurch ein ganz anderes Konzentrationsvermögen entwickelt als Kids, die ausschließlich mit der Lektüre kurzer Facebook-Posts aufgewachsen sind. Und wo Kinder ans Basteln und an handwerkliche Tätigkeiten herangeführt wurden, haben sich nicht nur die entsprechenden Hirnareale und die motorischen Fähigkeiten ausbilden können, sondern vielleicht auch eine Offenheit für entsprechende Berufsbilder. Denn es ist nicht nur die imagemäßige Verklärung bestimmter Berufe, die für die Akademisierung verantwortlich ist: Auch die fehlende Heranführung im Elternhaus an alles Handwerkliche ist für den Mangel an Auszubildenden und Fachkräften in diesem Bereich mitverantwortlich. Wie sollen sich Jugendliche für etwas entscheiden, das sie gar nicht kennen? Inhaber von Handwerksbetrieben, die in die Schulen gehen und den Jugendlichen die Möglichkeit bieten, sich in diesen unvertrauten Tätigkeiten einmal spielerisch auszuprobieren, stellen aber häufig fest: Aus der praktischen Erfahrung erwächst bei vielen die Lust auf eine Ausbildung in einem Handwerksberuf.


Arbeitgeber sollten korrigieren, was die sozialen Medien im Hirn angerichtet haben.

Narzisstische Züge und die Sucht nach sofortiger Gratifikation können weitere Eigenschaften der Generation Z sein, die im Arbeitsalltag für Probleme sorgen. Entstanden sind sie u. a. durch das Leben mit dem Smartphone in den sozialen Medien, wo es mit Anerkennung z. B. in Form von Likes und häufig auch mit Geld belohnt wird, sich selbst und jeden Aspekt des eigenen Lebens öffentlich zu machen. Das Hirn wird also darauf trainiert, nach Anerkennung zu hungern und sich für wichtig zu halten. Ein Post, der Aufmerksamkeit und Lob von der Community bringt – und schon schüttet das Hirn Glückshormone aus.

Gefördert werden diese Trends durch mediale Botschaften, wie unverzichtbar die Generation Z für den Arbeitsmarkt und wie groß der Fachkräftemangel sei. Und neue Berufe wie Influencer oder TV-Star, die es zu ermöglichen scheinen, ohne Wissen und ohne Anstrengung erfolgreich und wohlhabend zu werden, machen es nicht besser – kein Wunder, wenn junge Menschen ihre Bedeutung im Arbeitsprozess völlig falsch einschätzen und unerfüllbare Ansprüche an positives Feedback, Geld und schnellen Aufstieg ohne viel Mühe stellen.

 

Sie als Arbeitgeber werden nicht umhin kommen, diese problematischen Konditionierungen im Gen Z-Gehirn mit systematischen Personalentwicklungsmaßnahmen zu beseitigen – insbesondere im Interesse der jungen Kollegen selbst, die erst dann ihr Potential werden entfalten können, wenn sie sich unverzichtbare Qualitäten wie ein angemessenes Rollenbild, Durchhaltevermögen, Kritikfähigkeit, Zuverlässigkeit und Freude an Leistung angeeignet haben.

 

Den Rest an Umkonditionierung dürfte die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands selbst übernehmen. Härter werdende Zeiten bewirken unweigerlich ein Umdenken: Auch wer heute noch meint, das größte Problem in seinem Leben seien ein fehlendes Gender-Sternchen und die Currywurst in der Betriebskantine, wird seine Einstellung ändern, wenn er mit realen Herausforderungen der Existenzsicherung konfrontiert wird. Lernen passiert immer entweder freiwillig – oder wird vom Leben erzwungen. 

Falls Sie Ihren jungen Kollegen helfen möchten, freiwillig und rechtzeitig zu lernen, dürfen Sie ihnen gerne diesen Beitrag zur Inspiration geben.