Außer von redlichen Menschen, die es gut mit uns meinen, sind wir auch von den anderen umgeben: von Lügnern, Manipulatoren, Betrügern und Menschen mit potentiell gefährlichen psychischen Störungen. Wie können wir uns davor schützen, zum Opfer zu werden?
„Aber er/sie hat doch gesagt/versprochen …!“ höre ich häufig in den Coachings, wenn Kunden von ihren Erfahrungen berichten. Jemand hatte ihnen etwas (zu)gesagt, sie hatten die Worte geglaubt und
waren bitter enttäuscht worden. Solche Konstellationen finden sich in allen Lebensbereichen: Da ist beispielsweise die Frau, deren Selbstwertgefühl und Gesundheit von einem narzisstischen Partner
derart zerstört wird, dass sie sich als psychisches Wrack in einer Klinik wiederfindet. Dabei war er doch am Beginn der Beziehung so nett, hatte sie leidenschaftlich umworben und ihr das Gefühl
gegeben, endlich wirklich geliebt zu werden. Da ist der Unternehmer, der den Wahlversprechen der Politiker geglaubt hat und nach der Wahl feststellen muss, dass das Gegenteil der in Aussicht
gestellten wirtschaftsfreundlichen Maßnahmen beschlossen wird. Da ist die Angestellte, die sich besonders anstrengt, weil ihr der Chef eine Beförderung in Aussicht gestellt hat, um dann zu
erleben, wie die Position mit einem Externen besetzt wird. Da ist der Ehemann, der von den dramatischen Ausbrüchen und Stimmungsschwankungen seiner Borderliner-Frau komplett zermürbt wird. Da ist
der Senior, der seinem Arzt blind vertraut und an der Therapie stirbt. Da ist die einsame Single-Frau, die im Internet einen schwarzafrikanischen Romance-Scammer kennen lernt, der ihr unter
falscher Identität die große Liebe vorspielt und sie dabei um ihr gesamtes Erspartes bringt. Und da ist der Anleger, der von einem Finanzberater um sein Vermögen betrogen wird.
Die Liste der Situationen, in denen wir an Menschen geraten können, die uns massiv schaden, ist endlos. Ich selbst bin als junge Frau auf die vermeintliche Inhaberin eines Redaktionsbüros
hereingefallen, die sich später als professionelle Betrügerin entpuppte. Es hat mich viel Geld und Nerven gekostet sowie die Hilfe von drei Anwälten, der Kripo und anderer Geschädigter erfordert,
bis die Betrügerin endlich im Gefängnis war.
Doch solch bittere, im schlimmsten Fall ruinöse Erfahrungen müssen nicht sein. Mit diesen Maßnahmen lassen sie sich verhindern:
1. Schließen Sie nicht von sich auf andere
Insbesondere redliche, verantwortungsbewusste, hilfsbereite und empathische Menschen gehen davon aus, dass ihre Mitmenschen einen ähnlich guten Charakter haben. Doch dem ist natürlich nicht so,
weshalb es sinnvoll ist, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, auch bösen, egomanen oder betrügerischen Personen zu begegnen. Statt übermäßiger Vertrauensseligkeit oder auch anstrengendem
Misstrauen empfehle ich einen wachen, forschenden Blick und den Abgleich von Worten und Taten. So formt sich bald ein realistisches Bild, mit wem man es zu tun hat. Auch Signale Ihrer Intuition
sollten Sie ernst nehmen. Wenn Ihre Bauchgefühl-Ampel „rot“ anzeigt, hat Ihr Nervensystem subtile Signale aufgefangen, die inkongruent sind oder auf mögliche Gefahren hindeuten.
2. Informieren Sie sich über die gängigsten Persönlichkeitsstörungen
Mentale Gesundheit ist ein großes gesellschaftliches Thema. Allerdings liegt der Fokus oft auf Depressionen, Süchte und Burnout, während über Persönlichkeitsstörungen kaum gesprochen wird.
Letztere werden in drei Cluster zusammengefasst:
Cluster A (sonderbar, exzentrisch): paranoide, schizoide und schizotypische Persönlichkeitsstörung.
Cluster B (dramatisch, emotional, launisch): antisoziale, Borderline-, histrionische und narzisstische Persönlichkeitsstörung, wobei Psychopathie und Soziopathie Untergruppen der antisozialen Persönlichkeitsstörung sind.
Cluster C (ängstlich, furchtsam): ängstlich-vermeidende (selbstunsichere), abhängige und zwanghafte Persönlichkeitsstörung.
Da u.a. in Top-Positionen von Konzernen, in der Politik und in der Unterhaltungsbranche überproportional viele Narzissten und Psychopathen zu finden sind, empfiehlt sich insbesondere eine intensivere Auseinandersetzung mit diesen Typologien, um sie rechtzeitig zu erkennen. Doch arbeite ich auch mit vielen Menschen, deren Selbst- und Menschenbild durch narzisstische Eltern nachhaltig geprägt wurde. Weil sie dadurch das Bewusstsein für einen gesunden, angemessenen Umgang verloren haben, geraten sie später oft an narzisstische Lebenspartner.
3. Identifizieren Sie die Wünsche und Bedürfnisse, die Sie manipulierbar machen
Drängende Wünsche oder Bedürfnisse können Sie unkritisch werden lassen, wenn Ihnen jemand deren Erfüllung in Aussicht stellt. Deshalb lässt sich die einsame Mittfünfzigerin von den Liebesschwüren des Betrügers gerne einlullen, und deshalb glaubte die breite, nach Rückkehr zur Normalität hungernde Bevölkerung in der Pandemie die Lügen von Wellenbrecherlockdowns. Und deshalb kauft der Übergewichtige die wirkungslosen Diätpillen, die ihm mühelosen Gewichtsverlust in kürzester Zeit versprechen. Auch Selbständige und Unternehmer werden, wenn ihre Umsätze zu wünschen übrig lassen, häufig Opfer von Beratern, die mit dem schnellen Weg zum Reichtum werben. Deshalb Achtung: Je größer die Sehnsucht oder die Not ist, sei es eine emotionale, wirtschaftliche oder irgendeine andere, desto größer ist auch das Einfallstor für Betrüger.
4. Hinterfragen Sie Experten und Autoritäten
„Ich bin Experte für …“ heißt es häufig, oder auch „Studien haben bewiesen, dass …“. Und schon schaltet das kritische Denken bei vielen Menschen auf Pause. Doch ist dies gefährlich, weil nicht jeder, der sich als Experte präsentiert, tatsächlich kompetent ist. Und nicht jede Studie wurde unvoreingenommen und ohne wirtschaftliche Interessen erstellt. Dies kann zu einem bösen Erwachen führen. Doch wie kommt es dazu? Wir alle sind extrem beschäftigt; da möchten wir es uns einfach machen, indem wir einen Teil der Verantwortung für unser Leben in die Hände von Menschen geben, von denen wir glauben, sie seien Fachleute. Ein nachvollziehbares Bestreben, doch auch ein riskantes. Machen wir uns ein wenig über unsere Ratgeber kundig, lässt sich manch Schaden vermeiden. Näheres zu ihrer Ausbildung, Erfahrungsberichte anderer Kunden oder auch die alte Frage „Cui bono?“ helfen bereits, sich ein realistischeres Bild zu machen.
5. Fragen Sie im Zweifelsfall Menschen, die Ihr Bestes wollen
Unbeteiligte Dritte sind oft besser in der Lage, Betrug oder Manipulation zu erkennen als wir selbst. Deshalb bitten Sie – je nach Thema – Freunde, Familienmitglieder oder Kollegen – um ihre
ehrliche Meinung. Und nehmen Sie deren Warnung oder Einwand ernst!
6. Stellen Sie Ihr Weltbild infrage
Es fühlt sich gut an, sich in einer wohlmeinenden Welt zu sehen. In einer Welt, in der Liebespartner ehrlich und treu sind, Politiker aufrichtig für das Wohl der Bürger kämpfen und die Medien uns korrekt und objektiv informieren. Insbesondere diejenigen Menschen, die über einen langen Zeitraum vertraut haben und dann ahnen, dass die Realität anders ist, wehren sich mit Händen und Füßen gegen die Wahrheit. Würde diese doch ihr gesamtes Weltbild erschüttern und ihnen damit den Boden unter den Füßen wegziehen. Lieber leugnen sie die bittere Erkenntnis – und zahlen häufig einen hohen Preis dafür.
Doch das muss nicht sein! Wir sind umgeben von wundervollen Menschen, aber auch von faulen Äpfeln. Genau hinzuschauen und die einen von den anderen unterscheiden zu lernen, ist von elementarer Wichtigkeit!