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Coaching mit Langzeitwirkung - in nachhaltige Veränderung investieren

Rund 450 Mio. Euro geben deutsche Unternehmen jährlich für das Coaching von Führungskräften und Mitarbeitern aus (Quelle: 3. Marburger Coaching-Studie 2013). Mentaltrainerin Gabriela Friedrich gibt Tipps, was Sie beachten müssen, damit sich die Investition langfristig lohnt.

In meiner 25-jährigen Berufslaufbahn als Mentaltrainerin und Coach habe ich eines wieder und wieder festgestellt: Veränderung kann extrem schnell gehen. Es braucht nicht immer die 12,5 Coaching-Sitzungen, die Firmen ihren Mitarbeitern im Durchschnitt bezahlen. Häufig sind Probleme schon nach einer bis zwei Sitzungen Geschichte. Und zwar endgültig, wie mir meine Coachees bestätigen. Damit eine Coaching-Intervention so extrem effektiv und effizient sein kann, sollten Auftraggeber, Coachee und Coach einige Punkte beachten.

Coachen Sie den/die Richtigen

Es mag überraschen, aber häufig vergeben Unternehmen Coaching-Aufträge für die falsche Person. Heißt: Für das „Opfer“ einer dysfunktionalen Person bzw. Struktur und nicht für den Verursacher. Es heißt, der Mitarbeiter würde im System nicht richtig funktionieren und solle deshalb gecoacht werden. Dann kann der Coach seinen Coachee nur darin unterstützen, seinen schwierigen Chef oder die unsauberen Prozesse besser zu ertragen oder das notwendige Selbstbewusstsein zu entwickeln, sich eine andere Arbeitsstelle zu suchen. Dies tut diesem Menschen zwar gut, verschwendet aber das Geld der Firma. Sinnvoller ist es, die Prozesse klar und reibungslos zu gestalten und den schwierigen Chef zum Coaching zu motivieren. Mir wurde beispielsweise ein cholerischer, arroganter Geschäftsführer zugeführt, dem man versprochen hatte, durch das Coaching würde er weniger unter der Dummheit seiner Mitarbeiter leiden. Bereits im Kennenlerngespräch konnte ich mit diesem hochintelligenten Alpha die Ursache seines Verhaltens aufdecken: ein tiefer Schmerz aus Kindheitstagen wegen seiner lieblosen Mutter. Diesen Schmerz ließ er tagtäglich an seinen Mitarbeitern aus. Mehr als diese Erkenntnis war nicht nötig, um ihn für ein Coaching zu öffnen. Gleichzeitig erübrigte sich damit viel Coaching seiner vermeintlich schlecht arbeitenden Mitarbeiter.

Definieren Sie persönlichkeitsgerechte Ziele

Neuroplastizität ermöglicht tatsächlich erstaunliche Veränderungen in jedem Lebensalter, doch kann selbst das beste Coaching nicht die Kernpersönlichkeit eines Menschen verändern. Die angestrebten Coaching-Ziele müssen in Einklang mit seinem Wesen stehen oder zumindest als Potential angelegt sein, damit das Coaching Aussicht auf Erfolg hat. Wenn Sie dies insbesondere bei der Auswahl von Mitarbeitern von Führungskräfteentwicklungsprogrammen strikt beachten, können Sie viel Geld sparen. In der Praxis erlebe ich allerdings oft, wie versucht wird, aus zurückhaltenden Einzelgängern dynamische Teamleader zu machen oder trockene Zahlen, Daten, Fakten-Menschen zum verbindlichen, kommunikationsstarken Kundenberater gecoacht werden sollen. Was so aussichtreich ist wie einen freundlich-faulen Mops zum Schutzhund ausbilden zu wollen. Wer den Mops auf dem Sofa belässt und stattdessen zum Schäferhund greift, wird mit ihm glücklicher und spart Zeit und Geld.

Achten Sie auf echte neuronale Umstrukturierungen

Um Coaching-Angebote/-Verfahren beurteilen zu können, müssen Sie wissen, wie unser Gehirn lernt: Jeder Lernvorgang geht einher mit strukturellen Umbau- oder Ausbau-Prozessen in unserem Gehirn (Neuroplastizität). Es werden neuronale Netze gebildet. Oder wissenschaftlich formuliert: Im Gehirn werden Erinnerungen durch selektiv aktivierte „Zell-Ensembles“ organisiert, sogenannte Engramme. Es handelt sich also um ganz bestimmte Konstellationen interagierender Zellen. Ein wesentlicher Lernfaktor ist dabei die Emotion: Je emotionaler die Erfahrung, desto besser wird sie in Form von Zell-Ensembles abgespeichert. Dabei ist es egal, ob es sich um positive oder negative Emotionen handelt. Ebenso unerheblich ist, ob die Emotion aufgrund einer richtigen Bewertung der Erfahrung entstand oder nicht. Viele Erwachsene aus Scheidungsfamilien tragen beispielsweise noch die (Fehl-)Erinnerung in sich, nicht gut genug zu sein und dass deswegen Vater oder Mutter weggegangen sind. Diese frühe Konditionierung kann sich im Erwachsenenalter störend auswirken, lässt sich aber gut verändern. Dies erfordert eine spezielle Form der Intervention. Im ersten Schritt muss die Erfahrung in der Kindheit als Ursache des Problems ermittelt werden. Denn ein Coaching bewirkt nur dann die schnellstmögliche nachhaltige Veränderung, wenn man an der echten Wurzel ansetzt und nicht am Symptom. Der nächste Schritt sollte sein, alle mit der ursächlichen Situation verbundenen Gedanken, Gefühle und Bilder wieder lebhaft spürbar aufzurufen, wodurch die damals entstandenen Engramme aktiviert werden. Durch diese Aktivierung werden die neuronalen Verbindungen weich und verformbar. Und genau dies ist der dritte Schritt: Die Verbindungen werden gezielt umgebaut, sodass sie sich danach in neuer Form verfestigen. Diese neue Form hat in der Regel nachhaltig Bestand. 

Ich bewirke diesen neuronalen Umbau je nach Coachee mit hypnoseähnlichen Formulierungen, die den Coachee schrittweise aus dem negativen Zustand in eine neue, positive Realität führen. Oder ich nutze stark emotionsgeladene Visualisierungen, die eine andere, wohltuende und befreiende Vergangenheit kreieren. Für die Auflösung der angeführten Kindheitsprägung mit der beschriebenen Vorgehensweise sind in meiner Praxis meist nur ca. 30 Minuten Telefoncoaching nötig. Dann ist der Mensch frei von dem in der Kindheit verursachten Gefühl der Unzulänglichkeit. Achten Sie also bei der Wahl eines Coaches darauf, dass er gehirngerecht arbeitet und prinzipiell nach der Ursache dafür sucht, weshalb der Coachee nicht frei ist, das gewünschte Verhalten oder die Einstellung an den Tag zu legen.

 

Entmachten Sie innere Quertreiber und Widerstände

Zum Schluss noch ein Tipp – nicht nur fürs professionelle Coaching: Sie können ihn in Ihrem Leben immer nutzen, wenn Sie sich verändern möchten. Fragen Sie sich als Allererstes, ob es einen Anteil in Ihnen gibt, der etwas gegen die Veränderung einzuwenden hat, und nehmen Sie dessen Nöte ernst. Vielleicht hat er Angst vor einer massiven Persönlichkeitsveränderung oder fürchtet, als neuer Mensch die Sympathien lieber Angehöriger zu verlieren. Möglicherweise hat das Problem auch einen verborgenen Sekundärnutzen oder der Anteil glaubt, dass die Veränderung eigentlich gar nicht möglich ist bzw. nur über lange Zeit und mit vielen Mühen machbar ist. Erst wenn all diese Quertreiber entmachtet und der Anteil rundum mit der Veränderung einverstanden ist, sollten Sie beginnen. Und Sie werden feststellen: Jetzt geht es verblüffend einfach!