Diskret hanseatisch – so agieren viele Hamburger Unternehmenslenker. Und vergeben damit wertvolle Chancen. Mentaltrainerin und Marketingberaterin Gabriela Friedrich zeigt auf, warum sich
strategisches Personal Branding auszahlt und wie sich Risiken minimieren lassen.
Für Modeschöpfer ist es selbstverständlich, für Selbständige oft überlebensnotwendig und auch immer mehr Konzern-Vorstände tun es: Sie treten mit ihrem Gesicht und einem sorgfältig kreierten Image als Personenmarke in Erscheinung. So hat beispielsweise ein schnauzbärtiger Dieter Zetsche mit seiner Medienpräsenz das Markenbild von Daimler in der Öffentlichkeit maßgeblich geprägt und dem Autobauer viele Sympathiepunkte beschert.
Auch einige Familienunternehmer nutzen diese Möglichkeit, sich als Persönlichkeit für ihre Firma zu instrumentalisieren, sehr geschickt. Dabei zeigt sich ein breites Spektrum strategischer Ansätze – je nach Marketingziel und Naturell des jeweiligen Unternehmers.
„Dafür stehe ich mit meinem Namen.“
Claus Hipp
Claus Hipp wurde Anfang der 90er Jahre von seiner Agentur FCB Frankfurt überzeugt, in den Hipp-Werbespots aufzutreten. Mit seiner bodenständigen Art und dem Satz „Dafür stehe ich mit meinem
Namen“ wurde er das optimale „Zugpferd“ für sein Unternehmen. Diesem freundlichen, warmherzig wirkenden Mann nahm man sein Engagement für ökologisches Landwirtschaften, Nachhaltigkeit und
gesellschaftliche Verantwortung ab. Hier stand ein Mensch glaubwürdig für seine Werte ein, weshalb besorgte Eltern ihm seitdem vertrauen und seine Babyprodukte kaufen. Sogar den
Generationswechsel hat man bei Hipp geschickt gelöst. Sohn Stefan wurde bereits 2011 erstmals in einem Spot als Gesicht der Familie eingeführt und danach kontinuierlich weiterentwickelt, bis er
2016 zum ersten Mal einen ganzen Spot sprach und ihn beendete mit den Worten "Dafür steht der Name Hipp." In Interviews gibt Stefan Hipp Privates preis, doch ist jede Info sorgfältig auf das
Unternehmensimage abgestimmt, wenn er verrät, selbst Bio-Landwirt zu sein und Pferde zu lieben.
So weit, so erfolgreich. Doch was passiert bei einem Skandal? In 2012 erhielt die Firma Hipp für übersüßte Kindertees den „Goldenen Windbeutel“ für die Werbelüge, um die Gesundheit von Kindern
besorgt zu sein. In solch einem Fall nimmt nicht nur die Unternehmensmarke, sondern auch die Personenmarke und ihre Glaubwürdigkeit Schaden. Ganz davon abgesehen, dass diese Situation für einen
Unternehmer, der sich öffentlich sichtbar gemacht hat, emotional weitaus belastender ist als für einen weitgehend unbekannten Inhaber.
Integrität + Strategie + Courage = Erfolg
Ein Familienunternehmer, der für seine Werte und für sein Unternehmen als Personal Brand wirbt, geht also ein weitaus höheres Risiko ein, früher oder später im Kreuzfeuer der Kritik zu stehen
oder sich mit unerfreulichen privaten News in den Gazetten wiederzufinden. Schließlich hat man aufgrund seiner Bekanntheit auch an seinen Verfehlungen größtes Interesse. Doch ist dies ein Grund,
lieber anonym zu bleiben? Sicherlich nicht. Eher kann es Motivation sein, im Geschäftlichen sauber auf dem Weg der Integrität zu bleiben und bei der Marketingkommunikation auch den Zeitgeist mit
seinen steigenden Anforderungen an politische Korrektheit im Blick zu behalten. In letzter Instanz aber lässt sich öffentliche Kritik nicht hundertprozentig verhindern. Wie der
Familienunternehmer darauf reagiert, ist hoffentlich auch bewusst auf seine Personenmarke und das Unternehmensziel abgestimmt. Denn dass man sich mit Authentizität im Umgang mit Attacken nicht
unbedingt einen Gefallen tut, sehen wir an Donald Trump… Ein kluger Unternehmer wird also sorgfältig überlegen, ob es ihm im speziellen Fall eher nutzt, zu einem Fehler zu stehen und sich zu
entschuldigen, ob entschiedenes Gegenhalten oder ob ein Teflon-Effekt, bei dem er alles an sich abperlen lässt, angebrachter ist. Geht er so vor, mit einer Mischung aus Strategie, Mut und klaren
Werten bzw. Worten, kann er sogar von Turbulenzen profitieren. Wie er Schwierigkeiten managt, schärft seine Personenmarke und fügt ihr weitere attraktive Aspekte hinzu.
Mach mir den Affen
Eines aber ist klar: Wer sich mit einer Personal Brand nach draußen wagt, darf Gegenwind nicht fürchten. Insbesondere dann nicht, wenn sich der Unternehmer über seine wirtschaftspolitischen
Ansichten profiliert, wie dies beispielsweise ein Wolfgang Grupp tut. Grupp sucht die große Bühne, auf der er selbstbewusst und gerne auch gegen den Mainstream seine unternehmerischen Werte und
Überzeugungen vertritt. Gleichzeitig gewährt er Einblicke in sein Luxusleben, die leicht eine Neiddebatte auslösen könnten, stände Grupp nicht so selbstverständlich dazu. Ihm gelingt das
Kunststück, eine facettenreiche Persönlichkeitsmarke zu kreieren, bei der bodenständiges Verantwortungsbewusstsein für die Kinder der Mitarbeiter und ein Privathubschrauber für den Chef stimmig
zusammenfinden.
Auch er stellt bereits seine Kinder als spätere Nachfolger in den Medien vor. Vielleicht um zu gewährleisten, dass Trigema nicht wieder in der Gesichtslosigkeit verschwindet. Der Aufbau einer
Personal Brand ist schließlich nicht nur für den Verkauf der Produkte ein cleverer Schachzug. Menschen kaufen nicht nur lieber von anderen Menschen statt von gesichtslosen Institutionen, sie
kooperieren auch lieber mit Menschen und arbeiten lieber für Menschen.
Mit Personal Brand gegen Fachkräftemangel
Allgemein gilt der Aufbau einer Employer Brand als sinnvolle Strategie, um die Attraktivität für qualifizierte Bewerber zu erhöhen. Dabei wird die Macht der Personal Brand gerne übersehen – ein
Riesenversäumnis in Zeiten des Fachkräftemangels. Sobald ein Unternehmer anfängt, mit seiner individuellen Persönlichkeit, seinen Eigenheiten und Werten das Unternehmen in der Öffentlichkeit zu
repräsentieren, wird die Menge der Initiativbewerbungen steigen und passen die Bewerber besser zur Unternehmenskultur. Denn er spricht automatisch solche Menschen an, die sich in Resonanz zu
seinen Werten befinden und die Lust haben, seine Ziele gemeinsam mit ihm zu verfolgen.
Für diesen Effekt braucht es nicht zwingend Präsenz in Publikumsmedien; gerade qualifizierte Sichtbarkeit des Unternehmers in Branchenmedien oder auf Branchenevents erreicht interessante
Kandidaten.
Fazit: Bei aller hanseatischen Diskretion und Bescheidenheit – für viele Familienunternehmer wäre der strategische Aufbau einer Personal Brand ausgesprochen nützlich.